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Gefahren des Medien-
konsums bei Kindern und Jugendlichen

Der Einfluss des Internets und der sozialen Medien auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen ist gross. Symptomerkennung und -behandlung sind ein wichtiger Bestandteil des Therapieangebots der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie. Um die Forschung in diesem Bereich voranzutreiben, arbeitet ein Team der Klinik am europaweiten Forschungsprojekt «Horizon» mit, das gesundheitsschädlichen Medienkonsum von Jugendlichen untersucht.

Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Susanne Walitza,<br>Direktorin Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie

Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Susanne Walitza,
Direktorin Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie

Der Einfluss des Internets und der Social Media-Plattformen auf Kinder und Jugendliche ist ein wichtiges Thema in Gesellschaft, Schule und Familie wie auch in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Immer mehr Kinder und Jugendliche verbringen einen grossen Teil ihrer Freizeit am Handy oder am PC. Soziale Medien haben bekannterweise viele Vor- und Nachteile. Während der Covid 19-Pandemie waren sie oft die einzige Möglichkeit für Jugendliche, sich auszutauschen. Zudem ist unbestritten, dass sie Wissensnutzung und Kreativität verbessern können.

Jeder Jugendliche entwickelt ein eigenes Profil an positiver oder pathologischer Mediennutzung. Ob der Gebrauch noch der Norm entspricht, schädlich ist oder sich gar eine Sucht entwickelt hat, ist nicht immer einfach abzugrenzen. Feststellen lässt sich, dass Mädchen vor allem Social Media nutzen und Jungen vorwiegend viel Zeit mit Computerspielen («gamen») verbringen. Hinzukommen Cybermobbing, Cybergrooming und Cyberpornographie als neue und zunehmende Phänomene. Während es Mobbing und Ausgrenzung schon vor dem Social Media-Zeitalter gab, führt die Digitalisierung heute jedoch zu einer fast grenzenlosen Sichtbarkeit.

Empfehlungen, Kindern bis zum Schulalter keine Smartphones zur Verfügung zu stellen oder Jugendliche nicht mehr als etwa drei Stunden pro Tag am Handy zu gewähren, scheinen kaum umsetzbar. Umso wichtiger ist es, dass die Jugendlichen die Risiken sozialer Netzwerke kennen. Bei vielen ist dies jedoch nicht der Fall. Heute weiss man, dass etwa acht Prozent der Jugendlichen ein suchtartiges Verhalten entwickeln. Diese Jugendlichen reagieren in Folge häufig mit sozialem Rückzug, Angst und Depression sowie anderem Suchtmittelkonsum.

Risikofaktoren erkennen

ADHS selbst kann ein Risikofaktor sein, um eine Gaming-Sucht zu entwickeln, und zu viel Medienkonsum kann wiederum ADHS verstärken. Essstörungen, andere psychosomatische Störungen, aber auch Schlafstörungen sind häufige Komorbiditäten oder werden durch den pathologischen Medienkonsum verstärkt.

In unseren eigenen Studien, die wir während der Covid 19-Pandemie erhoben haben, konnten wir die Effekte des Lockdowns auf das Verhalten der Jugendlichen messen und Verlaufsstudien durchführen. Dabei haben wir festgestellt, dass der Medienkonsum vor allem bei Jugendlichen massiv zugenommen hat. Gleichzeitig nahmen auch unspezifische Symptome zu, wie beispielsweise Irritabilität. Bei einigen Patientinnen und Patienten zum Beispiel mit ADHS hat sich nach der Covid 19-Pandemie der erhöhte Medienkonsum nicht mehr auf das Ausgangsniveau zurück entwickelt. Dies belegt, dass es zum einen eine besonders vulnerable Gruppe gibt und zum anderen der pathologische Medienkonsum auch zur Persistenz neigt.

Effektiv behandeln und präventiv handeln

Die gute Nachricht ist: Es gibt effektive Behandlungsmethoden. Aber noch besser wäre es, präventive Strategien zu entwickeln und zu implementieren. Die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie hat bereits vor fünf Jahren die Schweiz in einem EU-weiten Konsortium zur Prävention von Pathologischem Medienkonsum (COST Action CA 16207) vertreten. In diesem Zusammenhang entstanden verschiedene Studien, länderübergreifender regelmässiger Austausch, zahlreiche Publikationen sowie ein Ebook «Learning to Deal with Problematic Usage of the Internet», das 2023 von unserer Forschungsgruppe ins Deutsche übersetzt wurde und kostenlos zur Verfügung steht.

In dieser Gruppe haben wir unter anderem während der Covid 19-Pandemie eine internationale Wegleitung («Consensus Statement Paper») zum Umgang mit Mediennutzung und gesundem Umgang mit Nachrichten veröffentlicht, das auch heute zahlreichen Fachpersonen als solche dient.

Beteiligung am Projekt «Horizon 2020»

Zusammen mit dieser Gruppe haben wir im Jahr 2023 auch die Zustimmung zu einem «Horizon 2020»-Projekt erhalten. Das Projekt mit dem Titel «BootStRaP Boosting Societal Adaption and Mental Health in a Rapidly Digitalizing, Postpandemic Europe» wird mit 20 Partnern und in neun Ländern der EU, in England und in der Schweiz – hier im Kanton Zürich – durchgeführt.

An ausgewählten Schulen wird die Nutzung von Medien bei Kindern und Jugendlichen untersucht. Anhand von Risikofaktoren sollen angepasste Präventionsstrategien und Interventionen zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor gesundheitsschädlichem Medienkonsum entwickelt werden. Unsere Forschungsgruppe unter der Leitung von Prof. Susanne Walitza, Prof. Meichun Mohler-Kuo und Dr. Simon Foster führt ein Teilprojekt und ist für die gesamte Rekrutierung der mitwirkenden Kinder und Jugendlichen zuständig. Ausserdem ist sie im Steuerausschuss des Gesamtprojekts vertreten. Bei allen Studienschritten werden Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrpersonen mit einbezogen.

Unser Projekt wurde auch von der Bildungsdirektion und Dr. iur. Silvia Steiner ausdrücklich empfohlen und begrüsst und stösst bei den Schulen bereits auf grosses Interesse. Ein erstes Treffen mit Forschenden, Schülerinnen und Schülern sowie Lehrpersonen aller beteiligten Länder wurde im März 2024 durchgeführt.

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