Therapieerfolg bei Opioid-Abhängigkeit
Nachdem die Schweiz und insbesondere auch Zürich in den 1980er und 1990er Jahren im Umgang mit der hiesigen Opioidkrise und der offenen Drogenszene sehr gefordert waren, gelang es vor allem durch die Einführung der sogenannten Vier-Säulen-Politik, die negativen Folgen für die Konsumierenden und die Gesellschaft nachhaltig zu reduzieren. Die Schweiz nimmt mit ihrem sehr gut ausgebauten System der niederschwelligen und diversifizierten Opioid-Agonisten-Therapie für opioidabhängige Personen mit den methadon-, buprenorphin-, morphin- und heroingestützten Behandlungen europaweit immer noch eine herausragende Position in diesem Bereich ein. Diese Behandlungen werden für den Kanton Zürich durch die Forschungsgruppe Addictive Disorders (Leitung PD Dr. med. Marcus Herdener) seit nunmehr fast 30 Jahren wissenschaftlich evaluiert. Hierdurch werden fortlaufend Erkenntnisse zur Wirksamkeit dieser Behandlungen und zu den veränderten Problemlagen gewonnen, die auch internationale Beachtung finden und dazu beitragen, diese Therapieformen stetig weiter zu entwickeln.
Aktuelle Daten zeigen, dass Patientinnen und Patienten, die sich in einer Opioid-Agonisten-Therapie befinden, oft bereits vor mehreren Dekaden heroinsüchtig wurden und als eine zunehmend älter werdende Population beschrieben werden können. Im Kanton Zürich beträgt das Durchschnittsalter der insgesamt circa 2'800 Opioid-Agonisten-Therapie-Behandelten mittlerweile rund 50 Jahre. Deshalb ist die Versorgung dieser Personen mit neuen Problemen konfrontiert, die zunehmend somatische und geriatrische Aspekte umfassen und entsprechende Anpassungen im Versorgungssystem bedingen, die wir bei der Weiterentwicklung unserer internen klinischen Angebote im Zentrum für Abhängigkeitserkrankungen bereits adressieren.
Die Daten deuten aber auch darauf hin, dass die Schadensminderung im Rahmen der Vier-Säulen-Politik über die vergangenen Jahrzehnte sehr effektiv funktionierte und die Lebenserwartung in dieser Patientengruppe verbessert werden konnte. Zudem legen unsere Evaluationen für den Kanton Zürich nahe, dass in den letzten Jahren vergleichsweise wenige junge Personen einen problematischen Opioidkonsum begonnen haben. Auch im übrigen Europa sind gemäss EMCDDA bisher wenige Anzeichen auszumachen, dass sich eine neue Opioidkrise anbahnen würde. Im Gegensatz dazu zeigt die aktuelle Opioidkrise in den USA, dass dies nicht selbstverständlich ist.