20 Jahre Zentrum für Kinder- und Jugendforensik
Das Zentrum für Kinder- und Jugendforensik ist ein über die Grenzen des Kantons Zürich hinaus bekanntes forensisches Ambulatorium, das strafrechtlich verfolgte Minderjährige zwischen 10 und 18 Jahren sowie junge Erwachsene im Alter von 18 bis 25 Jahren abklärt und behandelt. Es leistet für den Kanton Zürich, aber auch für andere Kantone einen wichtigen Beitrag zur öffentlichen Sicherheit, zum Opferschutz, aber auch zur Prävention von Delikten, zum wissenschaftlichen Diskurs sowie zur Weiter- und Fortbildung von Fachkräften.

Leonardo Vertone, Chefpsychologe, und Dr. med. Dorothea Stiefel, ehemalige Chefärztin, Zentrum für Kinder- und Jugendforensik
Ende 2024 beschäftigte das Zentrum für Kinder- und Jugendforensik 26 Personen mit knapp 20 Vollzeitstellen im ärztlichen, psychologischen, wissenschaftlichen und administrativen Bereich. Alle Mitarbeitenden waren vorwiegend an der Neptunstrasse in Zürich tätig, zeitweise aber auch aufsuchend in den verschiedenen Gefängnissen des Kantons und in den (geschlossenen) Justizheimen anzutreffen.
Spezialisiertes Angebot für minderjährige Delinquenten
An der Jahrtausendwende war der fachliche, aber auch gesellschaftliche und politische Konsens im Kanton Zürich so weit gereift, dass nicht nur für erwachsene, sondern auch für minderjährige Delinquenten ein spezialisiertes, strukturell verankertes Abklärungs- und Behandlungsangebot nötig geworden war. So wurde das Zentrum für Kinder- und Jugendforensik 2004 mit vier Mitarbeitenden im damaligen Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienst des Kantons Zürich gegründet. Es wuchs bald zu einem bedeutenden Kompetenzzentrum für jugendforensische Fragestellungen heran, sodass sich die Mitarbeiterschaft bereits nach fünf Jahren vervierfacht hatte, um die anstehenden Aufgaben mit Gutachtenerstellung, psychotherapeutischer und -pharmakologischer Behandlung, Konsiliardienst und Forschung zu bewältigen. Mit dem Neubau des Gefängnisses Limmattal im Jahre 2010 kam ein weiteres Tätigkeitsfeld hinzu: die jugendpsychiatrisch-psychologische Grundversorgung der dort inhaftierten Minderjährigen.
2015 wurde das Zentrum für Kinder- und Jugendforensik im Zuge der Fusion des Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienstes des Kantons Zürich mit der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich per Regierungsratsbeschluss der Forensischen Psychiatrie und Psychotherapie angegliedert. Diese Umstrukturierung bedeutete für das Zentrum, dass ein (noch) intensiverer und direkterer Fachaustausch innerhalb der Forensischen Psychiatrie und Psychotherapie möglich wurde, wobei der jugendspezifische Aspekt der Arbeit stets beibehalten und die fachliche Verbindung zur allgemeinen Jugendpsychiatrie und -psychotherapie der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich stets gepflegt wurde beziehungsweise immer noch gepflegt wird.
2020 ging die prägende Gründerfigur des Zentrums für Kinder- und Jugendforensik, Dr. med. Cornelia Bessler, in Pension. Organisch wurde die Leitung durch die langjährigen Mitarbeitenden, Dr. med. Dorothea Stiefel und lic. phil. Leonardo Vertone, übernommen. Sie bildeten bis Ende 2024 eine moderne duale Führungseinheit, die auch durch ihre Interdisziplinarität von Psychiatrie und Psychologie nicht nur inhaltlich, sondern auch strukturell der Charakteristik der Jugendforensik Rechnung trägt. Anfangs 2025 löste Dr. med. Volker Schmidt die ebenfalls altershalber scheidende Co-Leiterin Dorothea Stiefel ab. Er wird das Zentrum für Kinder- und Jugendforensik weiterhin mit Leonardo Vertone in Co-Leitung führen.
Breit gefächerter Aufgabenbereich
Die klinischen Hauptaufgaben des Zentrums für Kinder- und Jugendforensik umfassen aktuell nach wie vor die Erstellung vorwiegend jugendstrafrechtlicher, aber auch aussagepsychologischer Gutachten, die psychiatrisch-psychologische Grundversorgung der inhaftierten Minderjährigen im Kanton Zürich sowie die Abklärung und Durchführung deliktpräventiver forensischer Therapien in Form eines breitgefächerten Behandlungsangebots. Das therapeutische Vorgehen vereint jeweils Störungsspezifität, Entwicklungsbezogenheit, Systemeinbezug und Deliktfokus.
Im Laufe der Jahre wurden zudem manualisierte Therapieprogramme entwickelt, die auf verschiedene Deliktkategorien zugeschnitten sind, so unter anderem auf Gewaltdelinquenz, Sexualdelinquenz oder Radikalisierung. Weitere Aufgabenbereiche umfassen die psychopharmakologische Betreuung der Minderjährigen im Massnahmenzentrum Uitikon, die Beurteilung Jugendlicher im Bedrohungsmanagement der Fachstelle Forensic Assessment & Risk Managament, die konsiliarische Tätigkeit bei spezifischen forensischen Fragestellungen für die Jugendstrafrechtspflege sowie für die jugendpsychiatrischen Kliniken und Ambulatorien im Kanton Zürich, die Beratung Jugendlicher in der Präventionsstelle für Pädosexualität und die Supervision von Fachpersonen. Des Weiteren ist das Zentrum für Kinder- und Jugendforensik in der Weiter- und Fortbildung an verschiedenen Universitäten und Hochschulen engagiert und betreibt Forschung, Evaluation, Qualitätssicherung sowie Öffentlichkeitsarbeit.